(ThomasK)
Was, wenn die "verantwortungsbewusste Bibliothekarin" eine ganz andere Vorstellung davon hat was noch ok ist? Wenn sie sich viel mehr der Offenheit, der Demokratie, der Pluralität der Meinungen, der Selbstverantwortung der Leser, verpflichtet fühlt?
Zuletzt habe ich ein Buch über Emil Nolde ausgeliehen. Was der
nicht Antisemit? Darf so ein Buch verliehen werden?
Wir haben Gesetze (mehr als
alle anderen Länder der Welt) die so ziemlich alles regeln. Reicht es denn
nicht, wenn man sich im Rahmen dieser Gesetze bewegt (sich z.B. im Auto anschnallt)?
Du möchtest Ausgewogenheit. Meinst Du Deine oder meine Ausgewogenheit?
Brauchen wir Quoten je politischer,
moralischer, ethischer, wissenschaftlicher und unwissenschaftlicher, religiöser (etc.) Richtung?
Wer ordnet die Bücher dann diesen Quoten zu? Du oder ich?
Du möchtest die Bibliothek als "Schule der Nation", in der "falsche" Bücher keinen Platz haben sollen. Merkt denn niemand, wie man sich mit so einer Forderung wieder ganz langsam dem Scheiterhaufen nähert? Gab es nicht zu allen Zeiten das gleiche Argument für Bücherverbote und Verbrennungen, dass sie einen "verderblichen" Einfluss auf die Menschen hätten?
Du glaubst doch selbst nicht, dass durch das lesen von Sarrazin, Irving oder Holey ein weltoffener Mensch zum Rassisten geworden ist. Er was vorher schon einer und hat sich jetzt seine Bestätigung geholt. Das ist alles.
Warum ist es denn so
unvorstellbar, dass sich Menschen einfach aus dem ganzen Sammelsurium die
Bücher aussuchen, die sie lesen wollen? Dass sie sich selbstverantwortlich das
reinziehen, von dem sie meinen, dass es für sie schön, unterhaltsam oder
richtig ist, oder worauf sie einfach nur neugierig sind?
Sicher besteht ohne „Erzieher“
die Gefahr, dass sich Menschen eine eigene, unabhängige Meinung bilden (und das diese Meinung dann von Deiner abweicht). Davor muss aber nur
derjenige Angst haben, der seine eigene Meinung nicht fundiert genug vertreten
kann.